Unsere Dreistigkeit wurde auch direkt mit einem 1A Sonnenuntergang belohnt. Den schauten wir uns noch in Ruhe an und machten uns danach zügig vom Acker, bevor wir doch noch auffliegen würden. Schlafplatz suchen. Diesmal gar nicht so einfach. Es verschlug uns bis nach Fécamp. Ein tolles Städtchen mit Hafen und unzähligen Schiffchen, Booten, Jets und anderen schwimmenden Einzimmerwohnungen. Und genau dort fanden wir unseren Stellplatz. Genial!
Nun ja, da es draußen zunehmend kälter wurde und auch die umliegende Rentnergemeinde sich schon längst in ihre Blechbüchsen verzogen hatten, taten wir es ihnen gleich und nutzen unsere letzte Körperwärme um den Innenraum der Granny zu heizen. Gute Nacht.
Der nächste Morgen begann früh, sonnig aber immer noch recht frisch. Tja, was stand eigentlich heute auf dem Tagesplan? Gar nichts...Darum fuhren wir einfach ein wenig ziellos durch die Weltgeschichte bis nach Dieppe. Hier haute es uns aber auch nicht vom Hocker. Den eigentlichen Plan nach Versailles zu fahren, um das Schloss und den prächtigen Garten mit all seinen Blumen und Brunnen zu bewundern, verwarfen wir schnell wieder, da wir keine Lust auf Massentourismus, Blitzlichtgewitter und schmatzende Menschenschlangen hatten. Wir fuhren weiter an der einsamen Küste entlang und kamen schließlich zu dem Schluss den Heimweg heute schon anzutreten, um den morgigen Tag nicht mit Fahrerei verbringen zu müssen. Denn zu Hause wartete schon das Binger Winzerfest, viele Freunde, guter Sauergespritzter, furchtbare Schlagermusik, Weck, Woscht und Woi und auch der ein oder andere, der einem leicht lallend und unter feuchter Aussprache unbedingt eine Kassette mit Weisheiten aus seinem Leben drücken will. Was könnte es schöneres geben? Ach ja! Einen hoffentlich prall gefüllten Kühlschrank. Einen ganzen Schrank voll mit sauberen Klamotten. Eine Toilette, die jederzeit benutzt werden kann, sogar mit Sitzfunktion! Entlastung für die Beinmuskulatur! Man braucht nun nicht einmal mehr das gute dreilagige Klopapier aus den Restaurants klauen, denn das hängt da ohnehin einfach herum! Eine Dusche ohne FlipFlop-Pflicht. Und davon abgesehen: Ein Bett, ein richtiges, großes, kuscheliges Bett. Nicht, dass die Granny unkuschlig gewesen wäre... aber...das eigene Bett. Die Freude darauf war kaum zu toppen! So schön ein Leben aus dem Rucksack auch ist, das Gefühl nach Hause zu kommen ist doch jedes Mal wieder unvergleichlich. Und auch nur so macht das Reisen richtig Spaß, wenn das "Heimkommen" auch schön ist! Das Ding war fest, wir fahren nach Hause! :)
Noch ein paar letzte Impressionen:
Noch ein paar letzte Impressionen:
zum letzten Mal französisches Meeresgewusel futtern, mhhhhhh :)
Alles in allem haben wir Zwei, ähm... Drei einen verdammt coolen Urlaub erleben dürfen. Nicht nur ein Mal ging es an die Grenzen, aus negativer, aber überwiegend natürlich aus positiver Sicht. Es ist schön, dass wir doch frei sind uns unser menschliches Umfeld selbst auszusuchen. Wobei ich die Evolution gerne vor 20, na vielleicht lieber vor 30 oder gar 40 Jahren angehalten hätte. Oder eventuell bin auch nur ich in der falschen Zeit geboren? Jedenfalls in der Zeit, in der Höflichkeit und Wertschätzung noch zum guten Ton gehörten und in der das Phänomen der "Masse" noch nicht die Herrschaft übernommen hat; nicht aber in der gegenwärtigen Zeit, in der "viel" trotzdem nie genug ist. Im Grunde genommen regiert die Technik heute unser aller Leben. So sehr man sich auch dagegen wehrt, früher oder später bricht das Gewohnheitstier in einem aus. Und das ist in den meisten Fällen sehr tragisch, wie ich finde. Umso schöner waren die Tage jetzt ohne Handy, ohne ständigen Kontrollblick auf das leuchtendene Display. Keine Angst zu haben, dass der Akku schlapp macht. Und wenn schon! Wer braucht das Ding gerade?! Reisebilder, das einzige technikbasierende Erzeugnis, was aus meinen Augen auf einer Reise wirklich sinnvoll ist, braucht man nicht alle 2 Sekunden per Whatsapp sofort durch die Welt schicken; die Leute können warten und die Bilder lassen sich noch genauso gut zeigen, wenn man wieder im Lande ist. Das macht im Übrigen auch einen gravierenden, wenn nicht den Unterschied zwischen einem Reisenden und einem Tourist aus! Kein Fernseher mit sinnlosem Gequatsche und sonstigen moralisch fragwürdigen Ausstrahlungen. Keine Meldungen von Mord und Totschlag aus der ganzen Welt. Keine Hektik, kein Fremdschämen, kein künstliches Drama, kein Generve. Einfach nur Ruhe. Die Menschlichkeit der richtigen Leute genießen. Neue interessante Leute und Kulturen kennenlernen. Teilen. Die Natur bestaunen. Nachdenken und Dinge hinterfragen. Ganz für sich allein. Aber auch gute Gespräche zu Zweit. In der Gruppe. Mit Fremden. Bitte sagen, sich über ein Danke freuen. Den Moment würdigen. Das ist Reisen! Das ist wichtig! Und das durften wir so erleben.
Natürlich haben wir aus dem Ärger auf dem Pilgerweg auch unheimlich viel gelernt. Die sogenannte "Fuck-you-Einstellung", also das Abwägen, ob sich eine Diskussion wirklich lohnt, insbesondere mit Leuten die über einen IQ nur knapp über der Zimmertemperatur verfügen, werden wir uns beibehalten, denn den Ärger ist es ja meist doch nicht wert. Wenn das Karma einmal wieder nicht mitspielt...? Whatever! Morgen gibts 'ne neue Chance! Und mit Gewissheit werden wir auch in Zukunft das Handy hin und wieder einfach einmal absichtlich in der Schreibtischschublade vergessen.
Wir bedanken uns bei allen Leuten, die wir auf der Reise getroffen haben, bei den Herrschaften, die uns geholfen haben die Granny fit zu machen und nicht zuletzt bei unserer Granny selbst, die so tapfer und wacker durchgehalten hat, ganze 4.030km in Summe! Es wird zwar ihre letzte Reise mit uns gewesen sein, bevor sie in den PKW-Himmel kommt, aber wir werden sie stets in guter Erinnerung behalten!
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen